- Wirtschaft: Wirtschaft in Transformationsländern
- Wirtschaft: Wirtschaft in TransformationsländernTransformation im weiteren Sinne bezeichnet die grundlegende Umgestaltung des wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Systems eines Landes und meint im engeren Sinne die Umwandlung von einer Plan- in eine Marktwirtschaft. Zu Beginn der Transformation lebten etwa 400 Millionen Menschen in planwirtschaftlichen Staaten, die ca. 12 % des weltweiten Bruttosozialprodukts produzierten. Die wachsende Unzufriedenheit der dort lebenden Menschen mit ihren Lebensbedingungen führte seit 1989 zum Zusammenbruch dieser Wirtschaftssysteme und machte eine Transformation unumgänglich. Entgegen der Hoffnung auf eine schnelle Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen zeigte sich jedoch, dass die Transformation schwerer zu bewältigen war als zunächst angenommen. Unterstützt wird der von den westlichen Marktwirtschaften begrüßte Umbau z. B. durch Kredite v. a. vom Internationalen Währungsfonds (IWF), die die Einhaltung von wirtschaftspolitischen Reformprogrammen als Auflage hatten. Außerdem werden von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (Osteuropabank) Kredite gewährt.Die Schocktherapie des IWFNach der Vorstellung des IWF sollten die Privatisierung, Stabilisierung und Liberalisierung als die grundlegenden Transformationsmaßnahmen schlagartig, gleichzeitig und schnell durchgeführt werden (Big Bang). Privatisierung ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass es eine marktwirtschaftliche Preissteuerung geben kann. Die Liberalisierung (Freigabe) der Preise war zusätzlich erforderlich, damit der Preismechanismus seine Wirkung entfalten kann. Durch die Liberalisierung der Märkte sollten die Bedingungen für Wettbewerb und Privateigentum geschaffen werden. Makroökonomische Stabilisierung wiederum war nötig, um ein ökonomisches Klima zu erzielen, das Investitionen und somit den Wirtschaftsaufschwung begünstigt.Die Freigabe der Preise und der Wechselkurse führte im Allgemeinen zu hoher Inflation und beträchtlichen Abwertungen der Währungen. Die Senkung der teils galoppierenden Inflation gelang jedoch in den meisten Ländern nur langsam, da eine restriktive Geld-, Fiskal- und Lohnpolitik aus innenpolitischen Gründen oft nicht eingehalten wurde.Die als Eckpunkt der Schocktherapie geltende Privatisierung des Staatseigentums war und ist keine leichte Aufgabe. Da in den sozialistischen Wirtschaftssystemen Privateigentum nur sehr begrenzt existierte, die preisliche Bewertung ehemaliger Staatsbetriebe nur bedingt möglich ist und weil Liquiditätsschwierigkeiten bestehen, gibt es zunächst wenige Käufer. Widerstände gegen einen vermeintlichen Ausverkauf der eigenen Wirtschaft erschwerten außerdem den Zufluss von ausländischen Direktinvestitionen. Anders als die Privatisierung kleinerer Betriebe (kleine Privatisierung) waren die großen Massenprivatisierungen meistens weniger erfreulich. Statt bei Privatisierungen durch Kupons die Anteile breit zu streuen, v. a. an Privatpersonen, gelangten diese oftmals in große teils von staatlichen Banken getragene Privatisierungsfonds, die damit auch die eigentlichen Unternehmenseigner blieben. Die zur Privatisierung notwendigen Kapitalmärkte existierten anfangs nur in Ansätzen und eine Reform bzw. Entstaatlichung der Banken stand aus. Eine erfolgreiche Privatisierung, die gleichzeitig die Entstehung von Finanzmärkten und die Umsetzung der Reformen förderte, gelang in der Tschechischen Republik.GradualismusDie unmittelbaren Effekte und sozialen Kosten der Transformation wurden häufig unterschätzt, daher kam zunehmend Widerstand gegen diese Reformprogramme auf. Statt eine schnelle und wirksame Schocktherapie zu durchlaufen, gerieten viele Transformationsländer in einen Schock ohne Therapie. Die z. B. in Polen 1990 und in Russland 1992 begonnene Schocktherapie führte zunächst zu einer schweren wirtschaftlichen Depression und hoher Arbeitslosigkeit. Ein Grund dafür war auch der mangelnde Grad an Privatisierungen, denn selbst 1995 waren in Polen noch 73 % der großen und mittleren Unternehmen im Staatsbesitz. Die Schocktherapie wurde kritisiert, weil zu viele, wenn auch sich gegenseitig bedingende Probleme auf einmal gelöst werden sollten. Anhänger einer allmählichen Transformation (Gradualismus) warnten daher davor, zu viele brutale wirtschaftspolitische Maßnahmen auf einmal durchzuführen, denn die grundlegenden strukturellen Anpassungen können nur schrittweise erreicht werden. Ungarn z. B. erlebte die Transformation weniger drastisch, denn es hatte bereits seit den 70er-Jahren graduelle marktwirtschaftliche Reformen durchgeführt. Die Unzulänglichkeit der Planwirtschaft in der Praxis bewirkte, dass sich nach und nach Überbrückungs- oder Verhaltensmechanismen herausgebildet haben, die die Transformation nun erschwerten. Beispielsweise gab es neben dem offiziellen zentral gesteuerten Wirtschaftskreislauf die Parallelwirtschaft und mehr oder minder offizielle Schwarzmärkte, deren Weiterbestehen den Transformationsprozess beeinträchtigten.
Universal-Lexikon. 2012.